Gewohnheiten

Mein Leben ging mir schon lange auf die Nerven. Es fühlte sich an wie ein ausgelatschter Turnschuh. Brauchbar. Aber weit würde ich damit nicht kommen. Irgendwas musste sich ändern. Aber was? Ich bin da oft recht impulsiv und will dann alles umkrempeln. Und zwar alles auf einmal.

Nicht selten habe ich angefangen mit Gewohnheitstracker zu schreiben, um mich täglich daran zu erinnern, was ich ändern will und umgewöhnen will. Mehr Yoga, mehr Meditation, mehr Schreiben, gesünder essen, mehr Wasser trinken, mehr lesen, weniger Süßkram und und und. Das Problem am Gewohnheitstracker ist aber, dass er – für mich zumindest – nur wirkungsvoll scheint, wenn er auch gut gefüllt ist. Also zum einen mit Dingen, die ich (um)gewöhnen will. Zum anderen, wenn diese Dinge dann auch täglich umgesetzt werden und die kleinen Felder ausgefüllt sind. Dann schaut er wohltuend aus. Dann habe ich das Gefühl, etwas zu verändern.

Allerdings bin ich davon meist komplett überwältigt. Und nach wenigen Tagen verliere ich die Motivation. Wenn ich kein Yoga gemacht habe drei Tage lang, dann sieht dieser Gewohnheitstracker sowieso schon leer aus und hat kein durchgehendes Muster. Dann ist das für den Hugo. Und dann lasse ich eines nach dem anderen sein. Stehe bald wieder bei Null.

Sinnvoller scheint es mir, mich für eine Weile auf eine Gewohnheit zu fokussieren. Denn oft ist es ja auch „diese eine Sache“, die mir fehlt und die ich in meinen Alltag integrieren will. Das ist eben das Schreiben bei mir. Ich will schreiben. Irgendwas. Wenn ich aber Schreiben und Yoga und Meditation und Lesen unterbringen will, bin ich überfordert und mache in kürzester Zeit nichts mehr.

Seit einer Woche nun schreibe ich. Jeden Tag 1000 Wörter. Das ist fix. Es ist egal, wann ich das tue, aber ich weiß, dass das auf dem Programm steht. Am Montag wie am Sonntag. Geschrieben wird und gut ist. Danach bin ich beglückt. ich habe es geschafft. Ich habe etwas geschafft.t Es ist nicht zu viel, dass es mich überfordert. Es ist nicht so wenig, dass ich es nicht ernst nehme. Denn so formt sich nach und nach mein Buch, an dem ich schreibe. Es wächst stetig und wenn ich daran denke, bin ich selig. Wenn sich obendrein eine Runde Yoga ausgeht, dann ist das schön und freut mich. Aber wenn nicht, dann schreit mich nicht der Gewohnheitstracker an und vermittelt mir, ich hätte versagt.

Was mir dabei geholfen hat, war das Überlegen von all dem, was ich will und was ich nicht will. Was mir wirklich wichtig ist und was nicht. Dem Minimieren von allem Ballast. Klarheit schaffen. Erleichterung. Eine Entscheidung für mich. Und gegen alles, was zu viel ist.

Es spricht nichts gegen einen Gewohnheitstracker, wenn du damit zurecht kommst und wenn du ihn nicht gleich überfüllst. Meine Erfahrung ist jedoch, dass er für ich, jetzt am Anfang, noch zu überfordernd ist.

Was ist deine eine Sache, die du gern machen willst, aber zu oft vor dir her schiebst, prokrastinierst, ignorierst? Die du aber so gern machen würdest. Welche ist das? Und wie kannst du sie dir einteilen, dass sie möglich ist? Entscheide dich. Jetzt.

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